Didacta 2016 – Der mühsame Weg in die digitale Zukunft
Neben der Frage, wie man Flüchtlingskinder gezielt und nachhaltig in das deutsche Bildungssystem integriert, gehörte auch die Digitalisierung des Lernens zu einem der Schwerpunktthemen auf der diesjährigen Messe. Dabei war jedoch an jeder Ecke der Zwiespalt zwischen Können und Wollen erkennbar. Spätestens seit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 8. März 2012, der eine verbindliche Medienbildung für Schulen spätestens ab der 5. Klasse fordert, sind die weiterführenden deutschen Schulen auf der Suche nach Lösungen, wie man ohne ausreichende technische Mittel und entsprechendes Know-how den geforderten Medienunterricht gestalten und in die bestehenden Lehrpläne integrieren kann.
Die Generation „Smartphone“ treibt den Prozess voran
Das Zusammenkommen mehrerer gesellschaftlicher Prozesse scheint dieser Entwicklung nun aber neuen Schub zu verleihen. Die Inklusion von behinderten Schülern, die Integration von Flüchtlingskindern und die Zunahme von digitalen Alltagsproblemen in Schulen wie Cybermobbing und gehackten Lehrerhandys steigern das Interesse an maschinengestützten Lösungen für individuelles Lernen und digitale Kompetenz.
Schulbücher, die den ergänzenden Einsatz von Smartphones und Tablets vorsehen, Cloud-basierte Lernumgebungen, Software-Anbieter für schulspezifische IT-Strukturen mit datenschutzkonformen Trennungen zwischen Verwaltungs- und pädagogischem Bereich, elektronische Tafeln – die Liste der auf der Messe gezeigten digitalen Lehrunterstützungen ließe sich noch lange fortführen.
Es bleibt jedoch ein schwieriges Unterfangen, die in Deutschland besonders heterogene Schullandschaft in die digitale Zukunft zu führen. Denn obwohl der Akzeptanzgrad sowohl bei Schulleitungen als auch bei Eltern für die Nutzung von digitalen Medien in Schulen in den letzten Jahren gestiegen ist, gilt es zahlreiche rechtliche, finanzielle und inhaltliche Hürden zu überwinden. Dabei stellt alleine die Definition von Medienbildung eine Herausforderung dar. Welche Medien fallen darunter, was soll genau gelehrt werden und in welchen Fächern ist die Medienbildung mit wie vielen Wochenstunden unterzubringen?
Schulen sind die Gatekeeper
Bis Laptop und Smartphone normale Arbeitsmittel eines Schülers sind, wird es also noch eine Weile dauern. Bis dahin müssen Eltern die Medienbildung ihrer Kinder weiter alleine übernehmen und Schulleiter sich weiter als Manager professionalisieren, die heute nicht nur PR-Abteilungen brauchen, um gute Schüler und Sponsoren für die Behebung von Gebäudemängeln zu akquirieren, sondern zusätzliche Gelder für die technologischen Schulausstattungen einsammeln müssen.
Dabei wird es weiterhin notwendig sein, mutig Prioritäten und sich auch gegen Widersprüchlichkeiten zur Wehr zu setzen. Mehr Unterricht mit Tablets oder die Unterstützung einer Initiative gegen die zunehmende Handschriftschwäche von Schulkindern, die der Präsident des Didacta-Verbandes, Prof. Dr. Wassilios Fthenakis, in diesem Jahr mit ins Leben gerufen hat, um dem „Terrorismus von Emails und WhatsApp“ etwas entgegenzusetzen? Es bleibt unübersichtlich an der Bildungsfront. Dies war wohl eine der klarsten Erkenntnisse, die die über 100.000 Besucher der diesjährigen Didacta gewinnen konnten.
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