Erfolgreiche Medienbildung in der Familie ohne Streit und IT-Wissen

Die Ratschläge der Medienkompetenzexperten für Eltern sind bekannt: Sichere Passwörter nutzen und regelmäßig ändern, Jugendschutzsoftware anwenden, Games und Apps prüfen, Kinderwebsites empfehlen, Social Media Accounts der Kids auf privat stellen und so weiter und so weiter. Die meisten Eltern, die ich treffe, machen nichts davon. Wieso das völlig logisch ist, will ich in meinem Blogbeitrag näher beleuchten.

Es gibt in Deutschland unzählige Einrichtungen, die sich Medienbildung und die Stärkung von Medienkompetenz auf die Fahne geschrieben haben. Politiker und Ministerien, Ämter und Behörden, die Polizei, private Stiftungen, gemeinnützige Vereine. Auch Initiativen wie „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht.“, durch deren Blogparade zum Thema „Vertrauen und Kontrolle in der Medienerziehung“ dieser Beitrag hier angeregt wurde, setzt sich für eine sichere Internetnutzung und gegen Cybercrime, Cybermobbing, Hate Speech und andere negative Internetphänomene ein.

Institutionell sind seit vielen Jahren auch die Landesmedienanstalten für die Einhaltung von Jugendschutzgesetzen in den Medien und die Förderung von Medienkompetenz zuständig. Letztere fördern sie seit Langem durch Beteiligungsformate wie den Bürgerfunk und seit Kurzem durch immer umfangreicher werdende Aufklärungsangebote im Netz.

Eltern, tut was!

Dem überwiegenden Teil dieser Hilfsangebote und Ratschlag-Initiativen ist eines gemeinsam: sie fordern die Eltern zum Handeln auf. Schon der Titel der Initiative des Bundesfamilienministeriums sowie ARD, ZDF und TV Spielfilm aus dem Burdaverlag „Schau hin!“ zeigt, woher der Wind weht. Die Eltern sollen aktiv werden und sein.

Das Verzeichnis der Medienkompetenzprojekte der Landesmedienanstalten listet auf 40 Seiten deren umfangreiches Angebot auf. Viele der Webseiten und Initiativen bieten wertvolles Fachwissen über Rechtsextremismus im Netz oder Hilfsangebote für Cybermobbing-Opfer.

Atmosphäre der Angst

Durch die inzwischen recht unübersichtliche Vielfalt der Angebote ist jedoch eine Atmosphäre der Angst entstanden. Das ist ein generelles Problem des Information Overflow, der uns alle umgibt. Ob Impfung oder Umweltschutz – Bürger erhalten so viele Informationen, dass es schwer geworden ist, richtig von falsch zu unterscheiden oder sinnvoll von sinnlos.

Natürlich ist es bei der Medienerziehung wie bei jeder anderen erzieherischen Entscheidung auch. Letztlich muss jede Familie ihren eigenen Weg finden, der sich für sie und die eigenen Kinder im jeweiligen Alter und Kompetenzniveau richtig anfühlt.

Die aktuelle Medienkompetenzdebatte ist allerdings geprägt von den Risiken und Gefahren. Chancen und Nutzen von neuen Medien werden unterrepräsentiert dargestellt. Wenn wir das nicht schnell korrigieren, tragen wir weiter zu den Ängsten bei, die die Digitalisierung bei den Menschen schürt.

Maschinenexperten fürchten Maschinen

Das Marktforschungsinstitut Allensbach führt seit 1967 eine Fortschrittsumfrage durch. Dabei werden die Deutschen unter anderem jedes Jahr gefragt, ob sie daran glauben, dass die Menschheit durch technologischen Fortschritt einer immer besseren Zukunft entgegen geht. 2019 wurde diese Frage von 32 Prozent der Befragten mit ja beantwortet. Nur noch 32 Prozent! Das ist der niedrigste Wert,  der in der gesamten Umfrage in den letzten 50 Jahren gemessen wurde. 1972 beantworteten 60 Prozent der Deutschen diese Frage mit ja, 2007 noch 48 Prozent.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Im Land der Ingenieure und Maschinenexportweltmeister glaubt nur noch ein Drittel daran, das technologischer Fortschritt gut ist für die Gesellschaft. Obwohl Mähroboter im Garten und Akkustaubsauger den Alltag erleichtern, obwohl Spurhalteassistenten im Auto Unfälle verhindern oder Navigationssysteme den Weg weisen, wo zuvor ein dicker Straßenatlas auf dem Schoß zu gefährlichen Momenten im Straßenverkehr geführt hat, obwohl Cloudsysteme die Zusammenarbeit von interdisziplinären Teams in Büros erleichtern, obwohl Internetanwendungen immer benutzerfreundlicher werden, so dass nicht mehr nur IT-Profis bloggen oder Websiten gestalten können, obwohl die Digitalisierung den Menschen unzählige neue Möglichkeiten schenkt, sich auszudrücken oder an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen, obwohl der Bürger so viele Fähigkeiten und Möglichkeiten hat wie noch nie zu vor, ist er verängstigt und gelähmt. Da läuft offenkundig etwas schief.

Medien und Informationen als Chance

Sascha Lobo, der bekannteste Internet-Erklärer Deutschlands, hat dieses Phänomen in diesem Jahr auf der Netzgemeinde-Konferenz re:publica in Berlin gut auf den Punkt gebracht. Durch die umfassenden Informationen, die verfügbar sind, wird die Komplexität der Welt sichtbar. Jeder Mähroboter mag einem Deutschen den Alltag leichter machen. Gleichzeitig verschmutzt seine Produktion die Umwelt, trägt zur Ausbeutung von Ressourcen in ärmeren Ländern bei und erhöht den jetzt schon viel zu hohen Energiebedarf hierzulande.

Mensch und Maschine für den Erfolg

Doch die Erkenntnis, dass unser Fortschritt auch negative Seiten und Folgen hat, sollte die Gesellschaft beflügeln, hier für einen stärkeren Ausgleich zu kämpfen. Das nunmehr vollständige Wissen über die Zusammenhänge sollte dazu führen, dass bessere Produktionsmethoden erfunden werden und Diskussionen entstehen, wie man wirtschaftlichen Erfolg sinnvoll definieren kann. Erst die allgegenwärtige Präsenz des komplexen Wissens der Welt ermöglicht es, eine bessere Zukunft zu gestalten. Natürlich mit und durch Digitalisierung. Deswegen sagte Sascha Lobo: „Die Welt fällt nicht aus den Fugen, sondern gerade in die Fugen.“ Dieser „Realitätsschock“ solle jedermann anspornen, die Zukunft aktiv zu gestalten, anstatt sich vor lauter Vorbehalte und vermeintlicher Komplexität nur noch eine Rückkehr ins verklärte Gestern zu wünschen.

Technologie verstehen und gestalten

In diesem Geist muss auch die Medienkompetenzdebatte angelegt werden. Wie können wir Technologie besser machen? Wie können wir vorhandene Angebote besser nutzen? Und vor allem: Wie können wir das Gute, das schon existiert, besser sichtbar machen? Und wie lässt es sich zu konkreten Verbesserungen an anderer Stelle nutzen?

Bei der Medienkompetenzförderung in Elternhäusern darf der Fokus daher nicht auf den Schutz vor Gefahren gelegt werden, sondern auf die lustvolle und kompetente Eroberung der Technologien. Sicherer Spaß, statt ängstlicher Vermeidung. Der 15. Kinder- und Jugendbericht der Bunderegierung stellt mit Bezug auf eine EU-weite Erhebung bereits fest, dass deutsche Kinder und Jugendliche in ihrer Medienkompetenz eingeschränkt sind, weil sie sich durch eine in Deutschland besonders ausgeprägte restriktive Medienerziehung zu wenig auskennen.

Internet heißt Vernetzung

Aufklärung für eine sichere Internetnutzung funktioniert allerdings nur, wenn man das Internet in seiner Gänze versteht. Internet bedeutet schon im Wortsinn, dass alles vernetzt ist. Genauso benutzen Jugendliche das Netz. Als ein riesiges Angebot von Inhalten, die alle miteinander in Beziehung gebracht werden können.

Social Media Netzwerk und Handys

Da wird das Let’s Play eines neuen Games auf Youtube angeschaut, dann passende Bilder zu diesem coolen Spiel auf Pinterest gesucht, diese runter- und auf Instagram wieder hochgeladen, eigene Texte zu dem Spiel erfunden und auf Wattpad geteilt, über Twitch ein e-Sport-Turnier verfolgt sowie auf Facebook nachgeschaut, wenn der Let’s Player auf der Gamescom sein wird.

Mehrere Plattformen werden für das eigene Lieblingsspiel oder Lieblingsthema wie eine Netflix-Serie oder ein Marvel-Film vernetzt genutzt, um die eigenen Interessen sichtbar zu machen und so mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel um über Whatsapp-Gruppen, die man über Reddit oder Groupler.me gefunden hat, Gaming-Lobbies zu gründen, um das neue Spiel auf Steam zu kaufen und online gemeinsam zu spielen. So entstehen spannende Kontaktkreise über Kulturen, Ländergrenzen oder religiöse Unterschiede hinweg.

Sie haben jetzt nur Bahnhof verstanden? So geht es vielen Eltern. Und vor allem Entscheidern, die neue Gesetzte für Jugendschutz und Internetregeln schaffen sollen.

Schutzmaßnahmen schränken positive Effekte digitaler Tools ein

Wenn ich meiner 15-jährigen Tochter empfehle, ihren Instagram Account auf privat zu stellen, lacht sie mich aus. Ebenso wie die Jugendlichen, mit denen ich Medientrainings veranstalte. Das würde ihre vernetzte Nutzung unmöglich machen. Das würde verhindern Gleichgesinnte im Netz zu finden. Das würde das Inter-Net zu einem Parallel-Net machen, wo Anwendungen singulär nebeneinander stehen, aber die Stärken der Vernetzung ausgeschaltet wären. Das macht keinen Sinn.

Wieso stehen solche Ratschläge aber auf so vielen der oben genannten Hilfsangebote der Medienkompetenz-Akteure? Weil die Risiken höher gehängt werden, als die Chancen.

Wer den eigenen Instagram-Account offen lässt, kann in Kontakt kommen mit fremden Menschen. Das ist ein Risiko, weil sich im Netz wie überall auf der Welt auch Kriminelle tummeln. Doch genau wie in der realen Welt ist die überwiegende Mehrheit der Menschen dort friedlich und mehr oder weniger normal. Es ist daher viel besser, Kinder rechtzeitig auf die möglichen Gefahren hinzuweisen (der böse Mann mit den Süßigkeiten im Lieferwagen kann eben auch im Netz sein), anstatt sie gleich vor allen Menschen abschotten zu wollen.  

Medienbildung als staatliche Aufgabe

Besonders in Grundschulen und im Grundschulalter ist der Medienkompetenzunterricht von großer Bedeutung. In den Jahren vor der Pubertät (wenn Jugendliche anfangen die Welt mit ihren eigenen Augen zu sehen und nicht mehr so leicht von Eltern und Lehrern zu beeinflussen sind) müssen die Grundlagen für eine sichere Internetnutzung gelegt werden. Bevor in der fünften oder sechsten Klasse das erste Smartphone mit vollem Internetzugriff zur Verfügung steht, müssen die Grundregeln vermittelt und angekommen sein.

© Verena Knoblauch
(Einverständniserklärung der Eltern für die Netz-Nutzung dieses Fotos liegt vor)

Den sinnvollen Umgang und die unermesslich hohe Bedeutung von sicheren Passwörtern, Datensicherung, -schutz und -sparsamkeit, Kommunikationsregeln gegen Cybermobbing und Hate Speech – all das kann wunderbar im Grundschulalter trainiert und eingeübt werden. Dazu gibt es auch in Deutschland schon viele sehr erfolgreiche Beispiele.

Medientraining in Grundschulen ist kein übertrieben frühes Fitmachen der jungen Menschen für eine digitale Wirtschaft, wie von Kritikern oft zu hören ist, sondern aktiver Jugendschutz, bevor in der weiterführenden Schule Tränen fließen, Handyverbote ausgesprochen werden müssen oder Jugendliche wegen unbedachter Äußerungen der Verleumdung oder Beleidigung bezichtigt und angezeigt werden.

Wer sieht, wie heutige Jugendliche das Internet nutzen, wie behände sie sich durch eine Vielzahl von Anwendungen und Apps bewegen, der möchte nicht mehr hinschauen, begrenzen, schützen oder gar verbieten. Ganz im Gegenteil, der möchte erlauben und ermöglichen, aber dennoch begleiten.

Elternratschläge vs. Familien-Zeitbudget

Heute rate ich Eltern nicht mehr, Jugendschutzsoftware zu nutzen oder Spiele vorzuspielen, um sie auf ihre pädagogische Eignung hin zu überprüfen. Die meisten Eltern haben weder das technische Verständnis, noch die Lust dazu. Aber vor allem haben sie auch gar keine Zeit dafür. Die Interessen der Kinder wechseln so schnell, dass man als Eltern da kaum hinterher kommt. Ich vermeide daher alle Ratschläge, die Eltern von ihren Kindern entfernen.

Jede Minute, die am PC verbracht wird, um eine Jugendschutzsoftware einzurichten oder an einem Elternwebinar teilzunehmen, fehlt, um mit den Kindern zu sprechen und gemeinsam das Netz zu erobern.

Medienbildung ist wie Erste Hilfe – sie braucht einfache Regeln

Die heutige Medienkompetenzbildung in Deutschland ist vergleichbar mit den Erste-Hilfe-Kursen der 1990er Jahre. Damals hat man sehr viele Details unterrichtet. Da wurde beispielsweise gezeigt, wie man aus einem Dreieckstuch einen Ring dreht, falls ein Nagel aus einem Arm ragt, oder wie man eine Armschlinge bindet. Inzwischen wurden die Kurse deutlich entschlackt. Es hatte sich herausgestellt, dass die Menschen im Notfall nicht geholfen haben, weil sie vor lauter Gelerntem und Vergessenem Angst davor hatten, das Falsche zu tun.

Heute sagt man nur noch: Ruhe bewahren, Wunden mit sterilen Tüchern oder das Unfallopfer mit einer Decke bedecken, den Geschädigten beruhigen oder in die stabile Seitenlage bringen und vor Ort bleiben, bis Ärzte oder Sanitäter kommen.

Dahin müssen wir auch bei der Medienbildung kommen. Mit wenigen einfachen Grundregeln kann man die Gefahren im Netz für Jugendliche deutlich reduzieren. Diese Regeln unterscheiden sich kaum von den Regeln, die Eltern ihren Kindern schon immer beibringen mussten.

Sei vorsichtig beim Kontakt mit Fremden, gib niemandem deinen Haustürschlüssel/dein Passwort, sprich mit Vertrauenspersonen, wenn dir was komisch vorkommt, beleidige niemanden, glaub nicht alles, was du hörst/liest, sei respektvoll, klaue und lüge nicht, kleide dich angemessen und schütze dein Hab und Gut.

Mit diesen Regeln ausgestattet (und in ihrer für das jeweilige Alter angemessenen Bedeutung verstanden), können junge Menschen das Internet mit all seinen Stärken und Chancen meist sicher erobern.

Digitalisierung stärkt Schulen und Schüler

Für mich ist es keine Frage, dass die Technologie nach wie vor das Zeug dazu hat, die Welt und vor allem die Schul- und Jugendwelt noch viel besser zu machen.

Wer sich über Twitter mit modernen Lehrern vernetzt – ich empfehle ein paar Beiträge unter dem Hashtag #twitterlehrerzimmer anzuschauen – der wird sehen, welch tolle Möglichkeiten die neuen Medien für Schulen bieten. Da werden Arbeiten automatisiert korrigiert, Sonderaufgaben per QR-Code verteilt oder individuelle Lernumgebungen auf iPads geschaffen. Auf diese Weise können Flüchtlingskinder besser in den Unterricht integriert, Lernfortschritte besser erkannt und darauf reagiert sowie Teamarbeit erleichtert werden. Und Spaß macht das Ganze auch noch, weil Gamification-Effekte den Einzelnen stärker ansprechen und herausfordern.

Seit unsere Tochter das Internet völlig ohne Begrenzungen, Vorgaben oder Einschränkungen ihrer Eltern nutzen darf, sind ihre Noten allesamt besser geworden. Ob Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften oder Kunst, der riesige Input aus ihren Games, das vernetzte Agieren, das Spielen und Sprechen mit Gleichgesinnten aus der ganzen Welt – alles hat positive Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit im realen Leben.

Auch der Freundeskreis wurde durch die spezifischen Interessen, die im Netz für alle Klassenkameraden sichtbar sind, erweitert und gestärkt, die dazugehörigen Verabredungen funktionieren durch die Messenger-Gruppen viel einfacher als bei uns früher.

Natürlich ist das nicht repräsentativ für alle Jugendlichen und es gibt nicht wenige, deren Noten schlechter werden, weil sie zu viel Zeit beim Zocken verbringen. Doch auch hier hilft kein Verbieten, sondern eine positive Begleitung. Digitale Erfolge und Verlockungen müssen erkannt und dann im echten Leben gezielt genutzt und mit positiven Erlebnissen dort ausgeglichen werden. In die Internetsucht rutscht nur ab, wer im echten Leben keine Bestätigung und Anerkennung erfährt.

Wo Schatten ist, muss auch viel Licht sein

Die Digitalisierung hat Schattenseiten, keine Frage. Das Erstarken von rechtsradikalen Kräften auf der Welt hat auch damit zu tun, dass die sozialen Medien eine leichte Vernetzung und lautstarke Kommunikation von kleinen Gruppen ermöglichen. Dass Menschen heute aber so leicht geneigt sind, diesen negativen Lautsprechern Gehör zu schenken, liegt auch daran, dass wir so schlecht darin sein, die Vorteile der heutigen globalen und digitalen Welt ebenso laut zu vertreten.

Immer wieder fordere ich deshalb, mehr auf die Jugend zu hören. Ob Fridays for Future oder die Demonstrationen gegen die e-Privacy-Richtlinie. Meine Tochter liebt Technologie und genießt die globale Freiheit, die ihr das Internet geschenkt hat. Sie käme nicht im Traum auf die Idee, ihre Welt mit neuen Grenzen verkleinern oder national-patriotisch beschränken zu wollen.  

Ob PokemonGO, e-Sports oder Messenger-Gruppen, die Digitalisierung hat uns wunderbare Begegnungswerkzeuge geschenkt, die auch Erwachsene heute gerne, gezielt und sinnvoll nutzen. Darüber sollten wir mehr sprechen.

Über Twitter und Instagram organisiere ich meine Vortragsinhalte und bilde mich in meinem Fachgebiet weiter. Über Facebook bleibe ich über Jahre mit Menschen in Verbindung, die ich in Ausbildung und vielen verschiedenen Jobs kennen- und schätzen gelernt habe. Über Messenger tauschen mein Mann und seine Kolleg*innen im offenen Ganztag schnelle Infos aus, wenn ein Kind krank gemeldet wurde oder später kommen wird.

Über Skype können Großeltern am Urlaub ihrer Enkel oder Eltern am Schüleraustausch teilhaben, ohne im Ausland mit dabei zu sein. Über Messengerdienste organisieren Jugendliche Hausaufgaben und Sportvereinsbelange. All das bringt Menschen und vor allem Familien näher zusammen und stärkt zwischenmenschliche Bindungen.   

Mehr Vertrauen in Menschen, Chancen und die Zukunft

Mein Fazit zu der Frage der Blogparade von „Schau hin!“ ist daher einfach. Wenn es um Vertrauen und Kontrolle in der Medienerziehung geht, muss das Vertrauen die Oberhand gewinnen. Vertrauen in digitale Technologien, Vertrauen in die Jugend, Vertrauen in unsere moderne Welt, die wir mit viel Toleranz und persönlichem Engagement weiter gestalten sollten und müssen.

Für eine bessere Welt mit Medien.

Dafür brauchen wir, seit unsere Tochter in der zweiten Klasse die Weiten des Internets erobert hat, zu Hause nur zwei Regeln:

1.) Menschen gehen vor:

Die Mediennutzungsmöglichkeiten werden begrenzt, falls vor lauter Daddelei der Geburtstag eines lieben Menschen vergessen, sich gegen einen gemeinsamen Familienausflug gesträubt, ein Klassenkamerad digital beleidigt oder der Platz am Esstisch zu spät eingenommen wurde.

2.) Pflichten gehen vor:

Die Mediennutzungsmöglichkeiten werden begrenzt, wenn das Bett nicht gemacht, die Wäsche nicht zusammengelegt oder die Hausaufgaben nicht zuverlässig erledigt wurden.

Die weiter oben genannten Grundregeln brachten wir dann im Laufe der Jahre im Alltag bei. Zum ersten Laptop gehörte ein USB-Stick für die Datensicherung. Zur ersten Online-Registrierung gehörte die gleichzeitige Einrichtung eines Passwortmanagers. Die Erlaubnis auf Facebook zu gehen, wurde erteilt, nachdem die Tochter mehrere Zeitungsartikel über Fehlverhalten auf dieser Plattform zu Lesen bekommen hatte. Die erste Nutzung von Instagram führte zu einem Austausch über Privatsphäre und Rechte am eigenen Bild.

Die ersten Internetsuchen erfolgten nicht über eine Kindersuchmaschine, sondern über Google. Dabei haben wir erklärt, wie man Werbung erkennt, was es mit der ersten Trefferseite auf sich hat, wie man anhand von Überschriften, Quellen und Snippets die passenden Antworten auf die eigenen Fragen herausfiltert und dass es auch noch andere Suchmaschinen gibt wie Ecosia.org oder Duck Duck Go.

In-App- und Computerspielkäufe im Netz funktionieren bis heute nur mit der passwortgeschützten Kreditkarte der Mama, so dass jeder dieser Einkäufe mit einem Elternkontakt verbunden ist. Nach dem Austausch gibt unsere Tochter meist weniger Geld aus, als sie ursprünglich vorgehabt hatte. Auf diese Weise werden die oft kritisch gesehenen In-App-Käufe zu einem für beide Seiten sehr hilfreichen Taschengeldtraining.

So haben wir unser Kind Schritt für Schritt auf den digitalen Kommunikationsweg mitgenommen, auf dem wir uns selbst so gerne fortbewegen. Bis heute sicher und mit vielen positiven Auswirkungen.

Die Aufforderung „Schau hin“ ist daher wichtig. Um zu beschützen, aber noch vielmehr um zu staunen, begleiten und unterstützen.

Für eine weitere Beteiligung an der Blogparade habe ich über Twitter Julie Karnick nominiert, die meiner Meinung nach einen der besten Artikel im Netz zum Thema „Jungs und Computerspiele“ geschrieben hat. #medienmomente